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Osthalde hat neuen Eigentümer

Administrator 9.3.2021

Osthalde hat neuen Eigentümer
Osthalde hat neuen Eigentümer

 Sie ist mit 167,5 Metern über dem Meeresspiegel zwar nur die zweithöchste Erhebung im Kreis Warendorf, knapp hinter einem Hügel in den Beckumer Bergen, der es auf 174,4 Meter bringt. Dennoch handelt es sich bei der Ahlener Osthalde zweifellos um eine weithin sichtbare Landmarke – und zugleich ein Symbol für die mehr als einhundertjährige Bergbaugeschichte der Stadt, die mit der Stilllegung der Zeche „Westfalen“ im Jahr 2000 endete.

Dieses Relikt einer Ära fossiler und aus heutiger Sicht klimaschädlicher Energiegewinnung soll jetzt zu ei­nem Leuchtturm für Umwelt- und Klimaschutz werden. Das zumindest ist die erklärte Absicht der Heimaterbe GmbH mit Sitz in Stolberg bei Aachen, die das 72 Hektar große Areal im Dezember vergangenen Jahres von der RAG Montan Immobilien GmbH erworben hat. Für die Stadt kam das überraschend, sie wurde erst im Nachhinein informiert, hätte allerdings auch kein Vorkaufsrecht gehabt und wenn dieses nicht ausgeübt.

Die Heimaterbe GmbH wurde erst vor wenigen Monaten gegründet von dem Un­ternehmer, Autorund Um­weltaktivisten Dr. Dirk Gratzel . Er stellte sich und seine Pläne am Montag bei ei­nem Ortstermin gemeinsam mit Bürgermeister Dr. Alexander Berger sowie weiteren Vertretern von Rat und Verwaltung vor. Der 53-Jährige, von Hause aus Rechtsanwalt, der unter anderem als Justiziar und Pressesprecher bei der Daimler Benz AG in Rastatt tätig war, auch schon freiberuflich als Journalist für das ZDF oder die „FAZ“ gearbeitet hat, ehe er sich als Unternehmensberater im Bereich der angewandten Psychologie und der Künstlichen Intelligenz einen Namen machte, traf vor vier Jahren für sich eine Entscheidung, die sein Leben, wie er sagt, nachhaltig beeinflusst und verändert hat.

 Als erster Mensch ließ er von Wissenschaftlern der Technischen Universität (TU) Berlin seine bisherige persönliche Öko-Bilanz errechnen und nahm sich vor, den von ihm angerichteten Schaden bis zu seinem Lebensende wieder auszugleichen. Gratzel verzichtet heute auf Flugreisen, hat sein Haus energetisch modernisiert, ernährt sich vegan. Außerdem hat er das Projekt „Green Zero“ ins Leben gerufen und in der Nähe von Marl ein stillgelegtes Bergwerksgelände erworben, das er renaturieren will, sowie – zusammen mit Eckhart von Hirschhausen – ein Waldstück in der Hocheifel mit dem Ziel, es in einen klimarobusten „Zukunftswald“ zu verwandeln.

Drogeriemarktkette „ dm “ im Boot


Mit seiner neuesten Idee „Heimaterbe“ möchte Gratzel jetzt auch anderen Unternehmen die Möglichkeit bieten, die durch ihre Produkte oder Dienstleistungen entstehenden, zum Teil unvermeidbaren, Umweltbelastungen zu kompensieren. Als ersten Partner hat er dafür bereits die Drogeriemarktkette „dm“ gewonnen, die sich nun eben auch in Ahlen finanziell an Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung der Osthalde beteiligen will. Die ist war im Prinzip schon renaturiert, bietet aus Sicht von Experten verschiedener Disziplinen, die Gratzel beraten, aber noch viel Potenzial, um zum Beispiel durch eine gezielte Aufforstung mit bestimmten, klimaresistenten Pflanzen- und Baumarten für einen größeren Artenreichtum bei Flora und Fauna zu sorgen. Die perspektivischen Nutzungsmöglichkeiten der Halde als Naher­holungsgebiet wolle er dabei „nicht antasten“, betonte der neue Eigentümer.
 

    „ Ich habe einen emotionalen Bezug zum Bergbau“.
    Dr. Dirk Gratzel


Eine Zusage, die Bürgermeister Dr. Alexander Berger erfreut zur Kenntnis nahm. Er sieht in dem Erwerb der Halde durch Dirk Gratzel „eine große Chance für Ahlen und die ökologische Entwicklung des Zechenumfeldes“. Stadtplaner Markus Gantefort spricht gar von ei­nem „Glücksfall“. Die ebenfalls beim Pressetermin anwesenden Ratsmitglieder und Ausschussvorsitzenden Matthias Harman (CDU) und Frederik Werning (SPD) erhoffen sich auch mit Blick auf die weitere Vermarktung der noch brach liegenden Gebäude und Flächen der ehemaligen Schachtanlage einen Schub. Das hält Gratzel zumindest nicht für ausgeschlossen: Das Projekt könnte ein „Labor für Start-up-Unternehmen“ etwa auf dem Gebiet der Umwelttechnologie sein, glaubt er.

Für den gebürtigen Essener schließt sich mit seinen aktuellen Vorhaben in gewisser Weise auch ein Kreis. „Ich habe einen emotionalen Bezug zum Bergbau“, verrät er. Sein Opa und drei Onkel seien unter Tage gewesen – und alle vier an einer Staublunge gestorben. Dirk Gratzel möchte noch möglichst lange leben, um dann aber an dem Tag, an dem er von der „Bühne“ abtritt, einen möglichst neu­tralen ökologischen Fußabdruck auf der Erde zu hinterlassen.

Quelle: WN 08.03.2021

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